Freitag, 20. Juni 2008

Ehrenbogen des Germanicus in Mainz-Kastel

Zu Beginn des 1. Jahrhunderts n. Chr. – vermutlich gegen Ende des zweiten Jahrzehnts – errichteten Mainzer Legionen im „Castellum Mattiacorum“ (Kastel) auf Senatsbeschluss einen prächtigen dreitorigen Ehrenbogen, der an den kaiserlichen Prinzen Germanicus und an die römischen Siege über die Germanen erinnern sollte. Germanicus war der Sohn des Mainzer Stadtgründers Drusus und designierter Nachfolger des Kaisers Tiberius. Er führte mehrere siegreiche Feldzüge gegen die Germanen und rächte die für die Römer äußerst schmachvolle Niederlage des Varus. Durch den Ehrenbogen des Germanicus verlief damals die Hauptstraße von Mainz nach Hofheim und bis weit hinein nach Germanien. Der 17 Meter hohe Ehrenbogen von Kastel, der vermutlich von einer überlebensgroßen Statuengruppe aus vergoldeter Bronze gekrönt wurde, galt als Bauwerk des Reiches von hoher politischer Bedeutung. Er sollte nicht nur ein Mitglied der Kaiserfamilie ehren, sondern den Triumph und Herrschaftsanspruch des Imperiums über die Germanen symbolisieren. In Hessen existierte kein anderes römisches Bauwerk, das einen ebensolchen historischen Rang besaß wie der Ehrenbogen in Kastel. Mit seinen Ausmaßen ist es nur mit den Triumphbögen in Rom vergleichbar. Die Fundamente des Ehrenbogens wurden in der zweiten Septemberwoche 1986 bei Ausschachtungsarbeiten für den Neubau des Hauses der Familie Bernd Feuerbach in der Großen Kirchenstraße entdeckt. Dabei stieß man auf riesige, tonnenschwere Steinblöcke, die man auf Transportfahrzeuge lud und von der Baustelle zum Steinbruch der Firma Dyckerhoff in Mainz-Amöneburg transportieren wollte. Letzteres verhinderte Fritz Diehl, der Vorsitzende der „Gesellschaft für Heimatgeschichte Kastel e. V. 1980“ (GHK), indem er in Absprache mit den Lastwagenfahrern 24 dieser Steinblöcke in den Bereich der Reduit-Kaserne transportieren ließ. Nach der Sicherung des Fundes erfolgte eine genauere Untersuchung der Steinblöcke, wobei auf einigen von ihnen „LEG XIII“ zu lesen war. Zwischenzeitlich hatte GHK-Vorstandsmitglied Roland Brücker das Landesamt für Denkmalpflege in Wiesbaden benachrichtigt. Nach wochenlangen Forschungen und Beratungen von Archäologen stellte sich heraus, dass es sich um den „Ehrenbogen des Germanicus“ handelte. Dank der Zusammenarbeit des Bauherrn Bernd Feuerbach, des Architekten Franz Becker, des Statikers Heinz Herrmann, der Archäologischen Denkmalpflege, des Landes Hessen und der Stadt Wiesbaden konnte das Fundament des Ehrenbogens vollständig freigelegt und zugänglich gemacht werden. Die wissenschaftliche Bearbeitung des römischen Prunktores nahm der Mainzer Archäologe Hanns C. Frenz vor. Heute kann der Keller unter dem Haus und der Straße, in dem die Fundamente erhalten sind, besichtigt werden. Schautafeln erklären den Ehrenbogen und sein historisches Umfeld.
Öffnungszeiten des Museums „Römischer Ehrenbogen“: April bis November jeden Sonntag 10.30–12.30 Uhr,
jeden ersten Donnerstag eines Monats 9–12 Uhr

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