Freitag, 20. Juni 2008

Schinderhannes fuhr durch Kastel

Mainz-Kastel - Der legendäre Räuberhauptmann Schinderhannes alias Johannes Bückler fuhr im Juni 1802 gleich zwei Mal(!) als Gefangener durch Kastel. Auf diese wenig bekannte Tatsache weist das Buch "Schinderhannes-Ortslexikon" des Mainzer Historikers Dr. Peter Bayerlein hin, das im Mainz-Kostheimer Verlag Ernst Probst erschienen war und inzwischen vergriffen ist. Nach seiner Verhaftung in Wolfenhausen und seinem anschließenden nicht ganz freiwilligen Eintritt in das kaiserliche Heer in Limburg an der Lahn wurde der Schinderhannes unter Bewachung vom Soldaten nach Frankfurt am Main gebracht. Dabei sollte der Wagen, auf dem er und andere Gefangene angekettet waren, auch durch Kastel fahren, das damals als Teil der großen Festung am Rhein von Frankreich annektiert worden war. Schinderhannes wusste zu diesem Zeitpunkt noch nicht, dass seine Identität als Räuber bereits entdeckt worden war. Daher versuchte er in Wiesbaden, über seine Geliebte Julia Bläsisus vergeblich, den Feldwebel der Eskorte zu bestechen, nicht durch Kastel zu fahren, sondern auf dem Weg nach Frankfurt das französische Gebiet zu umfahren. Doch der Wagen mit dem Schinderhannes und anderen Räubern rollte kaum beachtet durch Kastel, gänzlich unbehelligt von den Franzosen, die gar nicht wussten, dass der von ihnen als Staatsfeind gesuchte Schinderhannes darauf saß. Auf dem Rückweg von Frankfurt am Main wenige Tage später (16. Juni) fuhren Schinderhannes und seine Mitgefangenen wieder durch Kastel. Diesmal fand der Wagen, der bei der zweiten Fahrt von der französischen Gendarmerie eskortiert wurde, allgemeine Aufmerksamkeit. Eine große Menschenmenge am Straßenrand wollte den berühmten Räuber sehen, dessen Verhaftung sich rasch herumgesprochen hatte. In Mainz wurde der Schinderhannes in den Holzturm eingesperrt. Einige Monate später brachte seine Geliebte am 1. Oktober 1802 im Gefängnis den gemeinsamen Sohn Franz Wilhelm zur Welt. Im kurfürstlichen Schloss wurde der Hunsrück-Räuber zum Tode verurteilt und schon einen Tag darauf am 21. November 1803 zusammen mit 19 Räuberkomplizen geköpft. Das abenteuerliche Leben des Schinderhannes wird auch in dem Band "Schinderhannes-Chronik" von Dr. Bayerlein geschildert, das ebenfalls im Verlag Ernst Probst erschien und inzwischen vergriffen ist.

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