Die seit dem 16. Jahrhundert auf dem Main und Rhein betriebene Flößerei erlebte im 18. Jahrhundert in Kostheim und Kastel eine Blütezeit. Damals schwammen alljährlich rund fünf Millionen Festmeter Holz aus Bayern durch die Mainschleusen. In Kastel wurden aus den Baumstämmen größere Flöße zusammengestellt, die anschließend auf dem Rhein stromabwärts fuhren. Eines dieser riesigen Flöße soll etwa 250 Meter lang und 25000 Gulden wert gewesen sowie von ca. 500 Floßknechten gelenkt worden sein. Die Flöße wurden von erfahrenen Steuerleuten mit Hilfe von großen Rudern durch das Mittelrheintal gelenkt. Es war eine gefährliche Reise, weil man die schwimmenden Inseln nicht bremsen konnte und im Mittelrheintal um Felsklippen steuern musste. Für die Fahrt von Kastel nach Dordrecht in den Niederlanden erhielt ein Ruderknecht im 18. Jahrhundert einen Lohn von sechs Talern und freie Verpflegung. Als der Schiffsverkehr auf dem Rhein immer mehr zunahm, mussten die Flöße kleinere Dimensionen haben. Um die Jahrhundertwende durften die Flöße auf dem Rhein maximal 220 Meter lang und 62 Meter breit sein, was etwa 3000 bis 4000 Festmeter Holz ergab. Im 19. Jahrhundert galten Floßfahrten als Attraktion. Manchmal standen mehr als 30 Bretterhäuser auf einem Floß. Einige der Hütten mit Vorhängen an den Fenstern dienten vornehmen Leuten nachts als Schlafzimmer. Am Steuermannsstuhl saßen mitunter Musikanten, die wie bei einer Kirmes aufspielten. In Kastel bescherte die Flößerei den Geschäftsleuten gute Einnahmen. Sie verdienten am Verkauf von Ausrüstungsgegenständen, Lebensmitteln und Bier. Doch allmählich ging die Rheinflößerei zurück. 1950 schwammen lediglich noch 53 Flöße auf dem Rhein stromabwärts, 1959 nur noch 14 und 1964 bloß noch zwei. Ab den 1960-er Jahren wurde das Holz bereits an Ort und Stelle in Bayern geschnitten
und mit modernen Transportmitteln verfrachtet. Über die Flößerei in Kastel informiert das von der „Gesellschaft für Heimatgeschichte Kastel 1980 e. V.“ geschaffene und 1999 eröffnete „Kasteler Flößermuseum“ in der „Bastion Schönborn“. Diese Ausstellung konnte dank der Unterstützung von Nachkommen des einstigen Kasteler Floßherrn Mathias Wagner sowie von Kasteler und Kostheimer Bürgern verwirklicht werden.
Freitag, 20. Juni 2008
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