Freitag, 27. Juni 2008

Das Rathaus von Kastel

Mitte des 14. Jahrhunderts tagten der Schultheiß und das Gericht im Beisein sämtlicher Männer der Gemeinde Kastel im Freien auf dem Kirchhof bei der katholischen Kirche. 1510 wurde erstmals ein Gerichts- oder Rathaus erwähnt. An einer Ecke des Gebäudes befand sich die Schandsäule, auf deren Podest Verurteilte an Eisenschellen gefesselt stehen mussten. 1667 wurde das Rathaus instandgesetzt. 1689 brannten französische Soldaten Kastel nieder, damit die anrückenden Deutschen dort keinen Schutz finden sollten. Dabei wurde auch das Rathaus zerstört. 1694 veräußerte die Gemeinde das Trümmergrundstück, auf dem das Rathaus gestanden hatte, für 40 Gulden an den Oberschultheiß, kaufte es aber nach dessen Tod zurück. Mit der Summe, die der Gemeindebäcker der Gemeinde lieh, richtete diese das Gemeindebackhaus an der Ecke Schützenstraße/Rathausstraße gegenüber dem Pfarrhof als Rathaus ein. Dort wurde die Ausrüstung der Landmiliz sowie die Feuerspritze mit den Feuereimern untergebracht. Am 23. Juli 1755 beschloss die Gemeinde, auf dem alten Standplatz des Rathauses ein neues zu errichten. Das für 4500 Gulden erbaute neue Rathaus wurde 1756 bezogen. In das Mauerwerk fügte man angeblich einen Stein der einstigen Römerbrücke über den Rhein ein. Über dem Eingang stand die lateinische Inschrift „De Labore et aere Castellensium“ – zu deutsch: „Von der Arbeit und dem Geld der Kasteler erbaut“. Das Behelfsrathaus im Gemeindebackhaus wurde für 1050 Gulden an den Bäcker verkauft. 1786 zog der Amtsvogt von Kastel, damals der höchste kurfürstliche Beamte im Ort, in den oberen Stock des Rathauses ein. Obwohl er eine jährliche Miete entrichten sollte, zahlte er bis 1792 nichts. Zwischen 1792 und 1914 waren französische Soldaten im Rathaus einquartiert. Während der Belagerung 1813/1814 diente das Rathaus als Lazarett für französische Soldaten. Um 1820 brach im Rathaus ein Feuer aus, dem viele wichtige Urkunden zum Opfer fielen. Nach dem Abriss des Rathauses in den 1880-er Jahren errichtete man stattdessen ein großes dreigeschossiges Blendsteinhaus, das neben den kleinen einstöckigen Kasteler Wohnhäusern riesig wirkte. Im Kellergeschoß waren Haushaltskeller, eine Waschküche, ein Gefängnis und Fuhrwerkswagen untergebracht. Im Erdgeschoß befand sich die Bürgermeisterei und in den oberen Stockwerken wohnten Lehrerfamilien. 1911 zogen die Ortsverwaltung und die Polizei in die nach dem Neubau der Ludwigsplatzschule leergewordene alte Schule. Bei einem Bombenangriff am 8. September 1944 wurde das Rathaus zerstört. Danach quartierte man die Ortsverwaltung und die Polizei in die Ludwigsplatzschule ein. Im Herbst 1949 zogen die Ortsverwaltung und die Polizei in ein Haus der Straße „In der Witz“ ein, das die Hutfabrik Kubach verlassen hatte.

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