Freitag, 27. Juni 2008

Das Pestjahr 1666 in Mainz-Kastel

Das schlimmste Pestjahr in der Geschichte von Kastel war 1666. Damals wurden von den 920 Einwohnern mehr als 500 durch die Seuche hinweggerafft – also über die Hälfte. Um die katholische Kirche „St. Georg“ erbaute man die Pestmauer zur Eindämmung der Seuche. Hinter dieser Mauer wurden Kranke betreut und Verstorbene in und um das Gotteshaus bestattet. Der Mainzer Kurfürst sandte den Krankenpfleger Leopold Weigelsberger nach Kastel, der aber nicht viel ausrichten konnte. Weigelsberger wurde von der Gemeinde Kastel für seine Arbeit und Arznei mit rund 1750 Liter Wein bezahlt. Die Christen in Kastel beteten viel in ihrer Not und erkoren den heiligen Rochus zum Schutzpatron. 1666 und später gelobten die leidgeprüften Kasteler Einwohner, wenn diese schreckliche Plage einmal zu Ende gehe und „über tzwanzig Personen nit mehr krank geworden noch gestorben seindt“, auf ewige Zeiten bei einer Wallfahrt zur Kirche „Heilig Kreuz“ auf einer Anhöhe zwischen Mainz und Weisenau eine 15-pfündige Kerze mitzutragen. Zwei Jahre nach diesem Gelübbde kam es kaum noch zu Pesterkrankungen. Der Mainzer Schultheiß bat in einer Bittschrift an den Mainzer Erzbischof Hartrad von der Leyen um die Erlaubnis, die Wallfahrt durchführen zu dürfen. Das Bestätigungsschreiben „Des Auff S. Rochi Tag vovirten Feyertagss“ mit dem Siegel des Erzbischofs von 1678 ist noch heute erhalten und wird im Pfarrarchiv Mainz-Kastel aufbewahrt. Nachdem die Kirche „Heilig Kreuz“ bei den kriegerischen Ereignissen des Jahres 1793 zerstört wurde, führte man alljährlich eine Bußprozession in Kastel durch. Anlässlich des Rochusfestes 1991 ließ die „Gesellschaft für Heimatkunde Kastel 1980 e. V.“ (GHK) an einem Restteil der Pestmauer in der Rathausstraße eine steinerne Gedenktafel anbringen, die an das „Jahr der Ohnmacht“ 1666 erinnert.

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